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Klimaschützer Moore

Wie Moore als natürliche CO2-Speicher zum Klimaschutz beitragen können und was getan werden muss, um die Bayerischen Moore zu schützen, erläutert Prof. Dr. Matthias Drösler im Interview.

Welche Rolle spielen Moore für unser Klima?

Prof. Dr. Matthias Drösler: Moore gehören zu den größten terrestrischen Kohlenstoffspeichern. Sie sind sogenannte ökologische Senken, d.h. sie nehmen unter optimalen Bedingungen mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre auf als sie abgeben. Der Kohlenstoff wird in Pflanzen und im Boden eines Moores gespeichert. Moore machen nur 3 Prozent der globalen Landoberfläche aus, speichern aber 30 Prozent des weltweiten Bodenkohlenstoffs.

Das ist deutlich mehr als im normalen Mineralboden. Das heißt: Seit der letzten Eiszeit ist in den Mooren ganz viel Kohlenstoff über Photosynthese eingebunden und eingelagert worden. Das ist eine der größten ökologischen Serviceleistungen, die wir global haben. Allerdings werden die Moore durch Entwässerung zu Klimahotspots. Sie geben den gespeicherten Kohlenstoff dann in Form von CO2 oder anderen Treibhausgasen wieder frei.

Das ist unsere große Herausforderung: Das natürliche Moor ist durch seine Kohlenstoff-Speicherfunktion ein ökologischer Serviceleister. Die vom Menschen weltweit entwässerten und zum Teil abgebauten Moore hingegen sind zu einem ökologischen Problem geworden.

Moore sind einzigartige Hotspots der Biodiversität und Refugium für seltene Tierarten. Welche Eigenschaften machen das Moor so besonders?

Prof. Dr. Matthias Drösler: Die grundsätzliche Eigenschaft eines Moores ist ein hoher Wasserstand. Das ist in terrestrischen Lebensräumen nur in Auen und Mooren gegeben. Es sind zudem kaum Nährstoffe im Moorboden eines Hochmoores verfügbar. So entstehen Standortbedingungen, unter denen nur spezialisierte Pflanzen gedeihen können. Das schaffen nur Hungerkünstler oder Spezialisten. Darunter sind viele seltene und auch bedrohte Pflanzen- und Tierarten.

An Moorstandorten herrscht natürlicherweise ein hoher Wasserstand

Wie können Moore zum Klimaschutz beitragen?

Prof. Dr. Matthias Drösler: In den entwässerten Mooren, insbesondere in den nährstoffreichen Niedermooren, haben wir sehr hohe Emissionen. Das können 30-40 Tonnen CO2 -Äquivalente pro Hektar und Jahr sein. Mein Ziel wäre es, auf 5 oder 10 Tonnen zu kommen. Konkrete Ziele der Bayerischen Staatsregierung, wie das Erreichen der Klimaneutralität in Bayern bis 2040, unterstützen uns dabei natürlich.

Um diese Ziele zu erreichen, müssen wir alle ökologischen Kohlenstoff-Senken mit einbeziehen. Ganz vorne mit dabei sind die Moore. Über den wiederhergestellten Wasserhaushalt der Moore kann eine deutliche Reduktion der Treibhausgas-Emissionen herbeigeführt werden.

Dabei gilt: Nässer ist besser. Ein Wasserstand knapp unter der Oberfläche ist optimal. Denn nur mit dem optimalen Wasserstand im Moor kann das Eindringen von Luftsauerstoff in den Moorboden vermieden werden. Pflanzenreste werden nur unter Ausschluss von Sauerstoff und sehr langsam zersetzt und auf diese Weise Kohlenstoff gespeichert. Wie können wir den Wasserstand anheben und Trockenperioden überbrücken? Der Schlüssel dieser Thematik ist das klimaangepasste Wassermanagement. Bisher bestand in den Mooren eher eine landwirtschaftliche Entwässerungstradition. Jetzt müssen wir hin zu einer Klima-Wassermanagementtradition

Was passiert, wenn ein Moor entwässert wird?

Prof. Dr. Matthias Drösler: Ein hoher Wasserstand verhindert, dass Pflanzenreste aus Wurzeln und Blättern schnell abgebaut werden. Dadurch baut sich Torf auf und Kohlenstoff wird gespeichert. Wird das Moor entwässert, kommt Luft in den Moorboden. Dadurch laufen aerobe Abbauprozesse ab. Die aerob arbeitenden Mikroorganismen wandeln Kohlenstoff zu CO2 um – so entsteht unser Klimaproblem.

"Es ist sehr wichtig, sich konkrete Ziele wie die Klimaneutralität 2040 in Bayern zu setzen. Wir erreichen diese Ziele jedoch nur, wenn wir alle Ökosysteme, die Kohlenstoff aufnehmen (Senken), mit einbeziehen. Ganz vorne mit dabei sind die Moore."

Prof. Dr. Matthias Drösler

Das Projekt MOORuse hat zum Ziel, nachhaltige Nutzungsmöglichkeiten für Niedermoorstandorte zu erarbeiten. Wie gehen Sie dabei vor?

Prof. Dr. Matthias Drösler: Das MOORuse-Projekt hat vor, Nutzungsmöglichkeiten für Landwirte zu entwickeln, die es ermöglichen, Niedermoore produktiv zu bewirtschaften und trotzdem ausreichend nass zu halten. Für MOORuse nutzen wir die Pflanzen, die ursprünglich beim Torfaufbau beteiligt waren, wie Schilf und Großseggen. Wir pflanzen sie auf dem trockenen Moorboden von Niedermoorstandorten an, den wir dafür wiedervernässen. Damit wollen wir eine Nutzungsalternative für Landwirte schaffen, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch attraktiv ist.

Außerdem überlegen wir, welche Verwertungsoptionen es für die Pflanzen gibt und analysieren die Wirtschaftlichkeit des Anbaus für die Landwirte. Wir möchten der Landwirtschaft eine Alternative zur Nutzung ihrer Niedermoorstandorte bieten. Viele Unternehmen suchen Ersatz für Holzfasern, da sie teuer sind und lange Lieferwege haben. Grasfasern aus der Nassbewirtschaftung können ein Gamechanger sein: Sie lassen sich in einem ausreichend nassen Niedermoor über Pflanzen gewinnen, die einen hohen Wasserstand gut vertragen, sie sind ein nachhaltiges Produkt und sie stellen eine Alternative zu den immer knapper werdenden Holzmärkten dar. MOORuse wird Ende 2022 abgeschlossen sein. Wir gehen von spannenden und wegweisenden Ergebnissen aus.

Im Rahmen des Projekts MOORadapt wurden Maßnahmen zur Klimaanpassung von Niedermooren erprobt. Welche Ergebnisse konnten damit erzielt werden?

Prof. Dr. Matthias Drösler: Das Bayerische Umweltministerium hat uns beauftragt, zu erforschen, wie Niedermoore an den zukünftigen Klimawandel angepasst werden können, damit sie als CO2-Senken wieder klimawirksam sind. Die spannende Frage ist: Auf welche Weise muss ein Niedermoorstandort methodisch wiedervernässt werden, damit er als CO2-Senke wirkt? Kann ein optimal wiedervernässtes Moor so zum Klimaschutz beitragen? Wir haben daraus gelernt: Mit genug Wasser und dosierter Wiedervernässung schaffen es Niedermoore auch bei zukünftig höheren Temperaturen, produktiv zu bleiben und die Biodiversität zu verbessern. Das war ein sehr schönes Ergebnis.

Wie viele Moore sind in Bayern bereits wiedervernässt worden und wie hoch ist der Beitrag zum Klimaschutz?

Prof. Dr. Matthias Drösler: Insgesamt sind mithilfe verschiedener Projekte ungefähr 10.000 Hektar von 220.000 Hektar Moorlandschaft wiedervernässt worden. Wollen wir bilanzieren, wie hoch die Klimaschutzrechnung ist, müssen wir berücksichtigen, welche Auswirkungen eine Maßnahme hat. Wie wirkt sie in der Zukunft? Bezogen auf das Klimaschutzprogramm Bayern 2050 kann man sagen: Auf einen Zeitraum von 50 Jahren werden durch die ergriffenen Maßnahmen zur Wiedervernässung ca. 700.000 Tonnen CO2 eingespart. Das ist ein erheblicher Beitrag.

Das Bild zeigt Prof. Dr. Schmudde

Prof. Dr. Matthias Drösler, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf Vegetationsökologie. Foto: © privat

Zur Person

Prof. Dr. Matthias Drösler ist Professor für Vegetationsökologie an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und hat die Forschungsprofessur für Klimawandel und Moor-Ökosysteme inne. Zudem leitet er das Institut für Ökologie und Landschaft. Auf Basis seiner nationalen und internationalen Forschungsprojekte berät er Ministerien und Behörden zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen im Moor. Derzeit baut er mit seinem Team im Auftrag der Staatsregierung das Peatland Science Center (PSC) Weihenstephan auf, um neben der Konsolidierung der Forschung insbesondere den Wissenstransfer mit für Süddeutschland angepassten Lösungen im Moorschutz zu verbessern.

2 Fragen

Seit wann forschen Sie im Bereich Klimaschutz?

Das begann 1997 mit der Kyoto Konferenz. Damals wurden die Co2-Senken rausgehalten, um nicht großen Industrieländern ein Schlupfloch zu bieten. Ich stellte mir dabei die Frage: „Wissen wir genug, um die Co2-Senkenleistung von Ökosystemen einzuschätzen?“ und fing an, Treibhausgase in Mooren zu messen. Die damals von mir entwickelte Messtechnik ist heute der Standard in vielen europäischen Forschungsteams, die sich mit Mooren und Klimawandel befassen.

Was sind Ihre Ziele? Was wollen Sie für den Klimaschutz erreichen?

Bayern hat 220.000 Hektar Moore – mein Ziel ist dazu beizutragen, dass alle wieder in einen funktionsfähigen Zustand kommen: Für das Moor, für das Klima, für die Biodiversität und für uns.